Groß-Siegharts ist eine Stadtgemeinde im nördlichen Waldviertel in Niederösterreich im Bezirk Waidhofen an der Thaya.
Katastralgemeinden: Ellends, Fistritz, Sieghartsles, Loibes, Groß-Siegharts, Waldreichs, Wienings, Weinern.


Groß-Siegharts wurde erstmals 1299 urkundlich erwähnt, 1727 zur Marktgemeinde und 1928 zur Stadt erhoben.Bis zum Aufschwung im 18. Jahrhundert war Groß-Siegharts ein kleines Dorf mit ca. 20 Häusern.
Der Aufstieg zum Textilzentrum begann unter Johann Christoph Ferdinand Graf von Mallenthein. Graf von Mallenthein wollte das kleine Dorf zu einem Zentrum der Textilindustrie machen und holte Facharbeiter aus ganz Europa ins Waldviertel, und ließ in Groß-Siegharts ca. 200 Arbeiterhäuser bauen.

In diesen Häusern wohnten und arbeiteten je 6-10 Personen. An Hausrat besaßen die Weber neben dem Arbeitsgerät (1-2 "Bandlstürl" und Spulräder) nur das Allernötigste. Bandproduktion und Vertrieb erfolgten im Verlagssystem, d.h. die Hersteller waren von den Händlern abhängig, von denen sie das Garn bezogen und denen sie die fertigen Bandlwaren abliefern mussten.
Die fertigen Bandwaren wurden von herumziehenden Händlern den "Bandlkramern" in der ganzen Monarchie verkauft.
Diesen Händlern verdankt die Gegend den Namen "Bandlkramerlandl".
Der Bandlkramer hatte auch die Funktion Neuigkeiten, Nachrichten und Informationen zu verbreiten.
Der Plan Mallentheins scheiterte zwar zunächst, aber er gab die Anregung für eine längerfristige Ausrichtung der Region in Richtung Textilwirtschaft.
Die Industrialisierung Ende des 18. Jahrhundert brachte eine wirtschaftliche Erholung. Es gab eine Tuchmanufaktur, eine Baumwollweberei, eine Bandweberei, eine Teppichfabrik und eine Strickwarenfabrik. In Groß-Siegharts gab es sechs große Textilfabriken, die mittels Dampfkraft betrieben wurden: Adensamer, Wagner, Hetzer/Silberbauer, Wolff, Zuleger, Fenzl.
Die Errichtung einer Textilfachschule 1952 in Groß-Siegharts, war ein gutes Zeichen für die Bedeutung der Textilindustrie.


Groß-Siegharts war bis Mitte des 20. Jahrhundert ein wichtiger Standort des Textilgewerbes.
Das Ende der Textilproduktion war die Öffnung der Grenzen 1989 zu den Nachbarstaaten.

Die Firmen übersiedelten in das benachbarte Tschechien (ehem. Tschechoslowakei), um die niedrige Lohnkosten zu nutzen. Zürück blieben arbeitslose Menschen und langsam verfallende Fabriksruinen die man heute noch in Groß-Siegharts sehen kann.
Da eine große Zahl der Betriebe im Raum Groß-Siegharts im Waldviertel lag, wurde diese Gegend als Bandlkramerlandl bezeichnet.  
Auch Straßennamen zeugen noch davon, bzw. Bandlkramerweg, Bandwebergasse.
Auch in Wien wurde ein Teil des 7. Bezirks Neubau als Bandlkramerviertel bezeichnet, weil dort Kurzwaren erzeugt wurden. Auch hier zeugen noch Straßennamen davon, beispielsweise die Bandgasse oder die Seidengasse.
Als Bandlkramer bezeichnete man im österreichischen Raum einen Hausierer, der vor allem Kurzwaren verkaufte, darunter textile „Bänder“. 
Auch Produkte wie Hinterglasbilder, Töpferwaren, Siebe, Körbe wurden von den Bandlkramern auf ihrer „Buglkraxen“ von Haus zu Haus ziehend angeboten. 
Das 1987 gegrüdete "Lebende Textilmuseum" in einer ehemaligen Bandfabrik gibt Einblick in die Geschichte der Bandweberei und in das Alltagsleben im ehemaligen "Bandlkramerlandl". Das Schloss, im 19. Jahrhundert als Fabrik genutzt, ist seit 1891 im Besitz der Gemeinde und wurde in den 1980er Jahren umfassend restauriert. 

Pfarrer Adolf Brinnich und seine Mitarbeiter hatten 1916 bis 1926 zehn christliche Vereine ins Leben gerufen. Es gab jedoch in Groß Siegharts kein Lokal für Zusammenkünfte und Veranstaltungen der zahlreichen Vereine. Trotz der Teuerung und zahlreicher ungünstiger Zeitumstände entschloss sich Pfarrer Adolf Brinnich ein neues, großes katholisches Vereinshaus von Grund auf zu errichten. Das alte katholische Arbeiterheim musste einem weitaus größeren, einstöckigen Neubau weichen. Das neue Gebäude verfügte über einen sehr schönen geräumigen großen Saal mit einem Fassungsraum von eintausend Personen, eine große Bühne, fünf Vereinszimmer mit Küche und eine Hausmeisterwohnung.
Gleichzeitig erhielt das Vereinshaus eine elektrische Beleuchtung. Im neuen Objekt sollten alle Vereine für ihre Veranstaltungen Platz haben. Der Bau, die Inneneinrichtung sowie der Zukauf des angrenzenden Gartens beanspruchten eine gewaltige Geldsumme von mehr als einer Milliarde Kronen, die wiederum größtenteils den örtlichen Gewerbetreibenden zugutekam.
Ein Großteil des Baumaterials wurde über Betreiben von Pfarrer Brinnich kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Gelder brachte Pfarrer Brinnich vielerorts auf und wenn es während der Bauzeit zur Neige ging, suchte er wieder neue Quellen. Sehr hilfreich waren vor allem großzügige Spenden der örtlichen Firmen wie die von Baumeister Johann Bauer und Zimmermeister Karl Ruß sowie von Anton Müller aus Raabs. Bereits am 28. Oktober 1923 konnte das Vereinshaus geweiht und seiner Bestimmung als Heimstätte der katholischen Vereine übergeben werden. Probst Stidl aus Eisgarn nahm die Weihe vor, Festreden hielten Wilhelm Miklas, in dieser Zeit Nationalrat und ab 1928 Bundespräsident, sowie die Nationalräte Ölzelt, Brinnich, Höchtl, Haberl sowie Pfarrer Brinnich.
Im Jahr 1925 wurde dann im Vereinshaus ein Kino und eine Bibliothek eingerichtet. 1926 erfolgte im Vereinshausgarten zusätzlich der Zubau einer Kegelbahn.
Im Frühjahr 1938, wenige Tage nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, wurden von den Nationalsozialisten alle katholischen Vereine aufgelöst und deren Vermögen beschlagnahmt. Die neuen Machthaber funktionierten das Vereinshaus zum „Parteiheim der NSDAP“ um. Das Haus als „Deutsches Eigentum“ zu deklarieren, scheiterte jedoch am Weitblick von Pfarrer Richard Frasl. Bereits im Jänner 1938 hatte er der Diözese Stankt Pölten das Vereinshaus geschenkt. Die Nationalsozialisten mussten daher für die Nutzung des Gebäudes Miete an die Diözese zahlen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Vereinshaus von den russischen Besatzern für drei Monate beschlagnahmt und anschließend wieder der Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Mit zahlreichen freiwilligen Helfern gelang es Hausmeister Franz Schuster die notwendigsten Instandsetzungsarbeiten vorzunehmen.

 

 

 

Diashows über Groß Siegharts

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Wolff-Villa in Groß Siegharts

Die „Wolff-Villa“, (Waidhofner Straße 25), nach dem Zweiten Weltkrieg auch „Thal- oder Eder-Villa“ genannt, wurde 1890 im Auftrag von Cuno Wolff, des damaligen Besitzers der nahe gelegenen „Groß-Sieghartser Möbel- Stoff-, Decken- und Teppichfabrik“ erbaut.

Cuno Wolff war von 1903 – 1908 in Groß-Siegharts auch Bürgermeister. Depressionen und die finanziellen Sorgen um seinen Betrieb dürften der Grund gewesen sein, dass Cuno Wolff im Februar 1913 freiwillig aus dem Leben schied.

Villa und Fabrik kaufte 1918 die Firma Kurucz & Co. In den folgenden Jahren war die Villa meist unbewohnt. Rudolf Hohenberg, einer der nachfolgenden Besitzer, wurde 1938 als „jüdischer Mitbürger“ gezwungen, mit seiner Familie Österreich zu verlassen. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten seinen Besitz und richteten in der Villa ein Reichsarbeitsdienst-Frauenlager ein.

Relativ unbekannt dürfte die ehem. Existenz des Reichsarbeitsdienstlagers Nr. 3/201 für weibliche Jugend mitten in Groß Siegharts im Waldviertel sein.
1938 wurde mit der Einrichtung eines RAD-Lagers in Groß Siegharts, in der ehem. Villa des Fabrikanten und Bürgermeisters Cuno Wolff begonnen.
Die eingesetzten Mädchen, genannt Arbeitsmaiden" mußten einen kasernenmäßigen Drill über sich ergehen lassen und arbeiteten tagsüber bei den umliegenden Bauernhöfen. Zweck war es, die Jugend mit der bäuerlichen Arbeit vertraut zu machen.
Nach 6 Monaten sollte dieser freiwillige Dienst zu Ende sein, jedoch ab Herbst 1943 wurde der Dienst zwangsweise verlängert und die Maiden vermehrt im Kriegsdienst eingesetzt.

Von November 1944 bis Anfang 1990 waren die Besitzer die Familie Eder. Nach Kriegsende 1945 wurde die Villa als Kommandatur von den Russen verwendet und danach desolat verlassen. Ende April 1948 bezog nach einer Renovierung die Familie Dr. Alexander und Dr. Ida Thal das Gebäude und eröffnete hier Arztpraxen. Anfang 1970 baute Dr. Thal sein Wohnhaus mit Praxis in der Berggasse, danach stand die Villa leer und verfiel zusehends.
Der nächste Besitzer wurde der Textilgroßhändler Werner Zlabinger, der das gesamte Areal an die WAV weiterverkaufte. Im Dezember 2009 erfolgte der Abriss des Gebäudes. Die WAV errichtete auf dem Grundstück Wohnblöcke, die 2012 fertiggestellt wurden.